Institut für Gesellschaftswissenschaften
Walberberg

Akademie 2013 mit f1rstlife

Lesen Sie exklusiv den Artikel von Timo Gadde über die Veranstaltung „Excellence and Leadership – was die Wirtschaft von der kommenden Elite verlangt“:

In gemeinsamer Kooperation mit dem Jugend-Online-Magazin f1rstlife hat das Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg am 13. und 14. April eine Tagung für junge f1rstlife-Leser und Redakteure durchgeführt, die unter dem Leitsatz stand: „Excellence and Leadership“ – was die Wirtschaft von der kommenden Elite verlangt“. Dieser Artikel soll die wesentlichen Aspekte der jeweiligen Vorträge kurz zusammenfassen und gleichzeitig Möglichkeit zur weiteren Diskussion bieten.

Wenn die Personalberaterin Mechthild Löhr betont, dass Wirtschaft und Arbeit für den Menschen da sind und nicht umgekehrt, dann ermutigt sie uns dazu, aus unserem christlichen Verständnis heraus nicht zu fragen, was die Wirtschaft von der kommenden Elite verlangt, sondern was wir von der Wirtschaft verlangen dürfen. Dieser Ansatz ist wünschenswert, aber in der Realität keine Selbstverständlichkeit. Schon der Blick auf die deutsche Übersetzung von „Excellence“ und „Leadership“ zeigt unterschiedliche Deutungen: Das Wort „Excellence“ lässt sich als „hervorragende Leistung“ oder als „Stärke“ übersetzen, während andere Übersetzungen auf den Begriff „Güte“ verweisen. Als „Leadership“ identifiziert sich die Führungskraft zum einen durch „Führung“, „Herrschaft“ und „Leitung“, zum anderen durch den Begriff „Führungsqualität“. Die Tagung „Excellence and Leadership – was die Wirtschaft von der kommenden Elite verlangt“, setzte sich bewusst zum Ziel, Güte und Führungsqualität herauszustellen und die Bedeutung einer hervorragenden Leistung christlich zu interpretieren. Die jeweiligen Ergebnisse sind nicht nur auf Wirtschaftsunternehmen, sondern auf alle Berufsfelder anzuwenden, wenn Führungsqualität und damit auch verantwortungsvolles Handeln für andere zu erwarten ist.

I. Wie man wirklich überzeugt – Kriterien der Glaubwürdigkeit in der Kommunikation

Nach Prof. Dr. Alberto Gil, Professor für Romanische Übersetzungsarbeit an der Universität des Saarlandes, ist der Aspekt des Vertrauens für eine wertorientierte Kommunikation entscheidend. Vertrauen schafft Glaubwürdigkeit und Natürlichkeit und ist nicht darauf ausgerichtet, die Pläne des anderen auszureden und somit als Gewinner aus dem Gespräch hervorzugehen. Drei wesentliche Rhetoriker aus dem Vortrag sollen in diesem Zusammenhang kurz erwähnt werden: Laut Cicero wirkt Rhetorik vom Inneren her auf das Äußere und versucht, sich mit dem Gesprächspartner zu identifizieren. Erst so ist es möglich, zu einer gemeinsamen Grundausrichtung zurückzukehren, von der aus weiter argumentiert werden kann. Der tiefere Sinn der Rhetorik liegt also darin, Verstand und Willen des Zuhörers zu aktivieren, sodass er sich freiwillig in Bewegung setzt, um das anvisierte Ziel zu erreichen. Grundvoraussetzung für das Vertrauen ist die Wahrhaftigkeit der Aussage und die Demut des Redners. Beide Gesprächspartner müssen davon überzeugt sein, mit ehrlichen und offenen Argumenten zu überzeugen, ohne ausschließlich das Eigeninteresse zu verfolgen. Das dadurch entstehende Vertrauen ordnet Aristoteles in drei Kategorien ein: Die überzeugende Argumentation (Logos), die Aufnahmebereitschaft des Hörers (Pathos), sowie die Glaubwürdigkeit des Redners, die die sittliche Tugend bei einer gelungenen Kommunikation offenbart (Ethos). Der römische Feldherr Marcus Porcius Cato nannte den perfekten Redner (perfectus orator) jenen, der – modern übersetzt – nicht die Kunst des Brillieren pflege, sondern sich in den Dienst der Sache und der Zuhörer stelle (vir bonus dicendi peritus).

II. Ethisches Verhalten und wirtschaftlicher Erfolg

Mechthild Löhr ermutigte die Jugendlichen in ihrem Vortrag zu zukunftsorientiertem und zielgerichtetem Handeln, denn unsere Taten für andere seien eher der Maßstab der Glaubwürdigkeit als unsere Worte. Das divergiert nicht mit den Ausführungen von Gil, sondern unterstützt sie: Dieser betonte zuvor, dass eine gelungene Kommunikation schließlich auch ein Produkt der eigenen Selbstreflexion, inneren Einstellung und Persönlichkeitsbildung sei. Die Frage nach dem Erfolgsbegriff und den eigenen Lebenszielen lässt sie die Zuhörer selbst anhand ihrer Stärken und richtungsweisenden Werte bestimmen und regt dazu an, sich früh über ein verantwortliches Handeln bewusst zu sein. Das Studium als „Vorbereitung auf den Ernstfall“, stellte sie in einem Lebensphasenmodell dar, das unterschiedliche Lebensabschnitte kennzeichnete und den eigenen Individualisierungsprozess herausstellen sollte. Besonders für junge Menschen sei es in dieser Phase enorm wichtig, ehrenamtliche Tätigkeiten auszuüben und sich im Sportverein zu engagieren, da ein Ehrenamt den Blick öffne und so den Individualisierungsprozess beschleunige. Wer die Arbeit über Gott und die Familie stellt, der bleibt bei seiner Lebenserfüllung auf der Strecke. Gott hat uns in der Schöpfungsgeschichte dazu aufgetragen, die Zukunft mitzugestalten, sie besser zu machen und Freude an unserer Arbeit zu entwickeln. Diese Freude kann sich im wirtschaftlichen Kontext nicht mit Profitorientierung im Fokus erfüllen.

In den beiden Vorträgen des ersten Wochenendtages gerät der „Excellence and Leadership“-Leitsatz also in einen innovative Diskussionsprozess: Nur wer nachhaltig handelt, und nicht ausschließlich nachhaltig denkt, kann Verantwortung für andere sinnvoll einsetzen. Die Denkanstöße setzen sich auch beim gemeinsamen Abendessen und Ausklang fort und zeigen, wie nah die Kernbotschaft von f1rstlife gelebt werden kann: Die gemeinsamen Gespräche, neu geknüpften Kontakte und über die Veranstaltung hinausgehenden Bekanntschaften, zeugen von einem sozialen Umfeld, das das oft sonst so anonyme Medium Online lebendig macht.


III. Volkswirtschaftliche Folgen menschlichen Fehlverhaltens für unsere Zukunft

Auch der Sonntag hielt nach der heiligen Messe zwei weitere Vorträge bereit. Dr. h.c. Horst Schröder ging auf wirtschaftliche Fakten ein und nannte den Jugendlichen am Beispiel der Staatsverschuldung und der Eurokrise erschreckende Zahlen: Deutschland sei Ende 2011 mit einer Verschuldung von 2.040 Billionen Euro der dritthöchste Staatsschuldner der Welt hinter den USA und Japan. Stündlich wachse der Staatshaushalt um eine Millionen Euro an, den Ursprung des wirtschaftlichen Fehlverhaltens sieht er an der 1969 von Willy Brandt postulierten Leitlinie, dass nicht die Einnahmen die Zukunft der öffentlichen Haushalte bestimmen durften, sondern die notwendigen politischen Ausgaben. Zudem seien der Anstieg der Personalausgaben, der Sozialleistungen als Ausdruck einer systematischen Umverteilungspolitik, Subventionen in verschiedenen Wirtschaftsbereichen und die Folgekosten der Wiedervereinigung und der gewaltigen Bankstützungsmaßnahmen für den Schuldenberg verantwortlich. Schröder betonte, dass als Konsequenz daraus christliche Werte, wie Subsidiarität, Solidarität und ökonomische Vernunft aktueller denn je seien und für zukünftige Prozesse besonders beachtet werden sollten. Der wirtschaftliche Zugang in das komplexe Themengebiet machte den jungen Teilnehmern deutlich, dass der Blick auch über die mediale Berichterstattung hinausgehen muss, um umfassend informiert zu sein, denn auch Journalisten sind mit der Thematik oft schlichtweg überfordert. Die Folge dessen ist eine von Experten ausgehende und an Experten orientierte Wirtschaftsberichterstattung, die in ihrer Thematik vorwiegend wirtschaftlich und zu wenig christlich argumentiert.

IV. Temperament – Charakter – Persönlichkeit: ethische und psychologische Erfolgsfaktoren

Vielen Führungskräften in der Wirtschaft fehlt es offenbar an dieser Brise Selbstreflexion, die nicht nur im Kontext der Eurokrise bitter nötig gewesen wäre. Dr. Dr. Raphael Bonelli, der extra aus Wien angereist war, betonte in seinen Ausführungen die Wichtigkeit der Selbsterkenntnis: Viele Führungskräfte sind nicht dazu fähig, ihre eigenen Fehler zu erkennen. Die Fehlerlosigkeit sei das größte Problem unserer Gesellschaft, aus ihr heraus resultieren Unsicherheit, Angst und Zweifel. Damit machte er deutlich, dass das ständige Leistungsstreben Gift sein kann, schließlich kann der Mensch nicht auf das reduziert werden, was er leistet. Erfolg hat derjenige, der die Bereitschaft hat, sich zu hinterfragen und zu erkennen. Zum Prozess der Selbsterkenntnis gehört, sich zunächst anzunehmen und für seine Talente dankbar zu sein. Bei den individuellen Fragen der Zuhörer machte Bonelli deutlich, dass die eigene Tugend uns dazu befugen muss, selbstlos zu handeln, um zu reifen und dadurch erfolgreich zu werden. Was der Mensch aus seinem Temperament und seiner Persönlichkeit machen kann, ist nach 40 Prozent Angeborenem und 40 Prozent Anerzogenem immerhin zu 20 Prozent ihm überlassen. Nur ein weitgefasster Blick ermöglicht, den Fokus auf die eigenen Stärken zu werfen, das Gute in seinem Leben zu betonen und gegenüber anderen täglich auszuleben. Je besser die Person sich selbst kennt, umso besser kann sie sich auch den perfekten Beruf aussuchen, je besser sie den anderen kennt, desto weniger kommt sie in die Versuchung, schlecht über sie zu urteilen und je zielgerichteter der Blick auf die Umwelt gerichtet ist, umso leichter ist zu erkennen, dass der Mensch da ist, um zu dienen, nicht um zu verdienen.

Als Fazit für die jungen f1rstlife-Leser und Redakteure bleibt festzuhalten, dass wertorientiertes Handeln in allen Bereichen unserer Gesellschaft wichtig sind und bei der Person selbst beginnen muss, um nachhaltig für andere zu wirken. Die Tagung hat es geschafft, christliche Werte an junge Menschen weiterzugeben und sie auf diesem Weg zu ermutigen. Für die vorbildlich strukturierte und durchgeführte Tagung kann ich allen Beteiligten im Namen von f1rstlife nur meinen herzlichsten Dank aussprechen.

Timo Gadde ist Chefredakteur des Jugend-Online-Magazins f1rstlife (www.f1rstlife.de) mit Sitz in Köln und Bonn.